Programmphilosophie und Zielsetzungen
Das Programm „Soziale Stadt“ bzw. „Sozialer Zusammenhalt“ (neuer Titel seit 2020) zielt drauf, positive Entwicklungen in Quartieren mit baulichen und sozialen Problemlagen nachhaltig anzustoßen. Es ist auf der einen Seite ein Teilprogramm der Städtebauförderung, das sich den daraus geförderten Maßnahmen der städtebaulichen Erneuerung eines Quartiers widmet. Auf der anderen Seite ist es ein Leitprogramm, das auf die Bündelung von öffentlichen und privaten Ressourcen angelegt ist. Die Einbeziehung weiterer Förderangebote des Landes, des Bundes und der EU und das Anstoßen von privaten Investitionen sind ausdrückliche Ziele des Programmansatzes.
Politische Rahmenbedingungen und Zielsetzungen
Mit dem Programm „Soziale Stadt / Sozialer Zusammenhalt“ wird ein Grundsatz umgesetzt, der seit den frühen 1990er Jahren die Stadtentwicklung in NRW prägt: Die Herausforderungen der Stadtteile sind nicht durch Aktivitäten einzelner Ressorts zu lösen – nur durch gemeinsames Handeln lassen sich zukunftsfähige Quartiere gestalten. Diese Haltung wurde durch den Kabinettbeschluss 1994 zur handlungsleitenden Devise für die Programmgebiete der Sozialen Stadt erklärt: Die verschiedenen Ressorts der Landesregierung fördern Projekte in den Programmstadtteilen mit Priorität. Rund 10 Jahre später wurde diese Devise als Grundsatz für alle Förderaktivitäten der Landesregierung im Rahmenkonzept „Präventive Quartiersentwicklung“ erneuert.
In der Koalitionsvereinbarung 2012 bis 2017 hatten sich die Regierungsfraktionen darauf verständigt, alle Aktivitäten und Förderprogramme der Landesregierung in diesem Zusammenhang zu bündeln und auf den räumlichen Fokus des Stadtquartiers auszurichten. Mit einem Kabinettbeschluss vom Februar 2013 erneuerten alle Fachressorts der Landesregierung die zuletzt 1994 eingegangene Verpflichtung, die städtischen Problemgebiete im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ ressortübergreifend zu unterstützen und zu fördern. Mit dem Kabinettbeschluss wurde zunächst die Förderung des Städte- und Wohnungsbaus sowie des Stadtverkehrs und Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr gebündelt. Vernetzt werden ebenfalls die bestehenden Programme für Integrations- und Familienzentren sowie für die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Die Förderung des Breitensports und der Kriminalprävention werden ebenso einbezogen wie Aktivitäten der regionalen Wirtschaftsförderung und der Altlastensanierung.
Zur weiteren Verbesserung der fachübergreifenden Zusammenarbeit hat die Bundesregierung 2016 eine ressortübergreifende Strategie Soziale Stadt verabschiedet. Auf dieser Grundlage werden ressortübergreifende Modellvorhaben „Miteinander im Quartier – Förderung ressortübergreifender Maßnahmen in der Sozialen Stadt“ unterstützt (zum Beispiel mit dem Bundesverbraucherschutzministerium und dem Bundesfamilienministerium). Auch in den Ländern bestehen zum Teil Strukturen ressortübergreifender Zusammenarbeit und ergänzender Förderprogramme mit unmittelbarem Bezug zur Programmkulisse der Sozialen Stadt. Diese können in ihrem Ansatz auch für weitere Länder und Kommunen leitend sein. Ziel ist es, sowohl die unterschiedlichen Fachressorts als auch die zivilgesellschaftlichen Akteure über Themen zu motivieren, ihre Anliegen und Interessen in konkreten Sozialräumen umzusetzen sowie ein kohärentes und damit effizientes und zielgerichtetes Vorgehen zu ermöglichen, um einen wirksamen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur sozialen Quartiersentwicklung leisten zu können.
Eine konsequente Weiterentwicklung des Rahmenkonzepts war auf Landesebene zudem der gemeinsame und fondsübergreifende Projektaufruf „Starke Quartiere – starke Menschen“, der gemäß Beschluss des Kabinetts in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 auch die Programme des EFRE, ESF und ELER für die Umsetzung des präventiven Handlungsansatzes in Stadt und Quartier gebündelt hat, um dazu beizutragen, die Nachhaltigkeit der Maßnahmen in städtischen Problemgebieten zu stärken und den Städten und Gemeinden eine gebündelte Unterstützung zu geben.
Das klare Bekenntnis zu einem gemeinsamen Ziel ist auch auf kommunaler und lokaler Ebene ein zentrales Grundprinzip:
- Die Kommunen entwickeln ein zukunftsfähiges Leitbild für den Stadtteil und erarbeiten für jedes Programmgebiet ein Integriertes Handlungskonzept – es enthält neben Zielen und einer Erneuerungsstrategie die relevanten Handlungsfelder, eine Maßnahmenübersicht sowie einen Zeit-, Kosten- und Finanzierungsplan.
- Die jeweilige Stadtverwaltung richtet sich organisatorisch auf die Aufgabe aus und bezieht nicht-staatliche Organisationen und die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadtteile in ihr Handeln mit ein.
Voraussetzung für die Aufnahme eines Stadtteils in das Programm ist, dass Land und Kommune darin übereinstimmen, dass dieser Stadtteil besondere Unterstützung benötigt. Zudem muss eine realistische Handlungsstrategie entwickelt werden, mit der die stadtteilbezogenen Probleme wirkungsvoll angegangen werden können. Der ausdrückliche Wille von Kommunalpolitik und Stadtverwaltung, sich einem solchen Stadtteil intensiv zu widmen, ist unverzichtbar. Dieser muss sich in einem entsprechenden Ratsbeschluss und im Haushaltsplan der Stadt widerspiegeln.
Seit der Neustrukturierung der Städtebauförderung im Jahr 2020 bestehen in Deutschland drei grundlegende Städtebauförderungsprogramme. Dies sind neben dem Programm „Sozialer Zusammenhalt“ die beiden weiteren Programme „Lebendige Zentren“ sowie „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“.
Eckpunkte der Programmphilosophie der Sozialen Stadt / des Sozialen Zusammenhalts
Abbildung 1: Eckpunkte der Programmphilosophie „Soziale Stadt“
bzw. „Sozialer Zusammenhalt“
Quelle: Städtenetz Soziale Stadt NRW
Anknüpfen an die Ressourcen vor Ort
„Vorhandenes“ – damit sind u. a. Organisationen und bewährte Strukturen, Fachleute, engagierte Bürgerinnen und Bürger, Akteure, Geldmittel oder auch bereits gesammelte Erfahrungen gemeint. Diese bestehenden Ressourcen sollen gebündelt und handelnde Akteure zusammengebracht werden, um zusammen einen Mehrwert für die Programmgebiete zu erzielen. Mit dem „Vorhandenem“ sind genauso die Stärken des Stadtteils – z. B. eine besondere Architektur oder eine kleinteilige Gewerbestruktur – gemeint, die es mit dem integrierten Handlungsansatz zu fördern gilt.
Das Städtebauförderungsprogramm als Plattform verschiedener Handlungsbereiche und Finanzierungsquellen
„Neues“ meint z. B. zusätzliche Angebote, neue Infrastruktur oder ergänzende bauliche Maßnahmen. Als Bestandteil der Städtebauförderung ist das Programm „Soziale Stadt / Sozialer Zusammenhalt“ in erster Linie ein städtebauliches Investitionsprogramm. Darüber hinaus ist es aber auch als eine Plattform zu verstehen, auf der in den unterschiedlichsten Handlungsbereichen unterschiedliche Fördermöglichkeiten in Anspruch genommen werden können. Im Sinne eines Leitprogramms wirkt es auf eine Bündelung privater und öffentlicher Ressourcen hin. Primäres Ziel ist es, durch die Förderung städtebauliche Missstände zu beseitigen. In Kombination mit anderen Förderprogrammen können auch andere Themen wie soziale oder ökonomische Problemlagen angegangen werden.
Aktivierung, Partizipation und Mitbestimmung
Ein weiteres zentrales Merkmal ist die Aktivierung und Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner, der Unternehmen und der Non-Profit-Organisationen vor Ort. Es geht darum, gemeinsam zu planen, bürgerschaftliche Aktivitäten anzuregen, transparent zu handeln, Kooperationen weiter zu entwickeln und voneinander zu lernen. Das Programm „Soziale Stadt / Sozialer Zusammenhalt“ leistet damit einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer Bürgergesellschaft.
Integriertes Denken, Planen und Handeln
Integriertes, also ebenen- und fachübergreifendes Handeln ist ein zentrales Charakteristikum des Programms. Dazu sind von der Landes- bis hinunter zur Quartiers- oder sogar Nachbarschaftsebene entsprechende Arbeitsformen zu entwickeln, die ein bürgernahes, fach- bzw. ressortübergreifendes Arbeiten ermöglichen. Das Programm lebt vom Engagement der Personen vor Ort. Land, Kommune und Stadtteilakteure sollen zielgerichtet und koordiniert zusammenarbeiten. Auf diese Weise werden mit Unterstützung des Programms „Soziale Stadt / Sozialer Zusammenhalt“ neue Strukturen eingeführt, die auch über die Programmlaufzeit hinaus wirken sollen.
Nachhaltige Veränderung durch Verstetigung und Imageverbesserung
Die Verstetigung bewährter Strukturen ist eine wichtige Aufgabe, um nach Auslaufen der Förderung die angestoßene positive Entwicklung des Stadtteils fortzuführen. Entsprechende Konzepte, die auf die Tragfähigkeit von Strukturen abzielen, sollten schon bei der Entwicklung des integrierten Handlungskonzepts mitgedacht werden. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt auch das Ankurbeln von privaten Investitionen. Durch die Maßnahmen der Sozialen Stadt werden besonders für Immobilienbesitzende im Quartier Anreize geschaffen, in ihre Bestände zu investieren. Genauso sollten aber auch die im Stadtteil ansässigen Firmen oder Ladeninhabende einbezogen werden. Durch die bauliche Erneuerung wie auch den integrativen und partizipativen Handlungsansatz trägt das Programm dazu bei, das Binnen- und Außenimage der Stadtteile zu verbessern sowie die Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem Quartier zu stärken.
Weitere Materialien, Links und Downloads
Links zu weiteren Informationen zur Städtebauförderung und zum aktuellen Städtebauförderungsprogramm „Sozialer Zusammenhalt“:
- Hinweise zum Programm „Sozialer Zusammenhalt“ auf der Homepage des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)
- Erklärfilm zu den aktuellen Programmen der Städtebauförderung auf der Homepage des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)
- Allgemeine Hinweise zur Städtebauförderung auf der Homepage des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB)
- Allgemeine Hinweise zur Städtebauförderung auf der Homepage des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
- Allgemeine Hinweise zur Städtebauförderderung auf der Homepage des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD NRW)