Dortmund Nordstadt
Der Name ist Programm: Die Dortmunder „Nordstadt“ ist mehr als nur ein Stadtteil – denn die Größe des innenstadtnahen und hoch verdichteten Altbauquartiers ist vergleichbar mit der einer Kleinstadt. Die Fakten: 1.442 ha Gesamtfläche, davon 300 ha Wohnfläche – 59.479 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand 2017). Die drei Quartiere Hafen, Nordmarkt und Borsigplatz schaffen Struktur, benannt nach den sie prägenden Räumen.
Entstanden ist die Nordstadt im Rahmen der Entwicklung des Hafens, der Stahlindustrie und des Bergbaus als Industrievorstadt Dortmunds in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Familienzusammenführungen seit den 1970er Jahren, vermehrte Zahlen von Asylbewerbern in den 1980er Jahren, Aus- und Übersiedlerzuzüge und Kriegsflüchtlinge in den 1990er Jahren und die aktuelle Armutszuwanderung aus Südosteuropa lassen die Geschichte der Menschen in der Nordstadt zu einer Geschichte der Zuwanderung, der Sozialisation und der Integration werden. Parallel zu diesen Zuzügen wurden in den anderen Stadtbezirken Dortmunds Wohngebiete mit Sozialwohnungen und Einfamilienhäusern für die deutschen Facharbeiter gebaut. Dies beschleunigte den Wandlungsprozess in der Nordstadt, da die freigewordenen Wohnungen verstärkt durch Zuwanderer wiederbesetzt wurden.
Die Nordstadt ist in vielfältiger Hinsicht ein Stadtteil mit hohem Handlungsbedarf auch aufgrund der jüngeren industriellen Vergangenheit der Region (Abbau von Bergbau, Stahlindustrie und weiterer Industriebranchen). Verglichen mit der Gesamtstadt ist die Nordstadt trotz vielfältiger Anstrengungen noch immer gekennzeichnet durch hohe Arbeitslosigkeit (insbesondere von jungen Menschen mit Migrationshintergrund), ein hohes Armuts- und niedriges Bildungsniveau, eine noch auszugleichende Branchenverteilung, städtebauliche Defizite sowie ein zu verbesserndes Image. Die Arbeitslosenquoten sind dabei immer rund doppelt so hoch wie im städtischen Gesamtdurchschnitt.
Seit 1986 wurden verschiedene Themen durch das städtebauliche Nordstadt-Programm bearbeitet, ab 1991 ergänzt durch das sozial-pädagogische und das schulische Nordstadt-Programm. In der Nordstadt gilt es mit jeder „Welle“ an Herausforderungen neue Konzepte und Perspektiven zu entwickeln, da der Stadtteil weiterhin der Ankunftsort in Dortmund ist und bleibt.
1996 beschloss der Rat der Stadt Dortmund das erste integrierte Handlungskonzept für die Dortmunder Nordstadt. Ziel war es, die bereits durchgeführten überwiegend städtebaulichen Verbesserungen abzusichern und weiterhin erforderliche Maßnahmen fortzuentwickeln und stärker zu vernetzen. Projekte mit den Schwerpunkten Wohnen (Wohnungen/Wohnumfeld) und Arbeit (Ausbildung/Beschäftigung/Lokale Ökonomie) sollten die sozialen, ökonomischen, strukturellen und städtebaulichen Verhältnisse stabilisieren und verbessern. Vor allem galt es, die zahlreichen Potenziale der Nordstadt zu nutzen, wie Frei- und Freizeitflächen, Interkulturalität und die dichte Infrastruktur.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden verschiedene Einzelprojekte in den Handlungsfeldern Städtebau, Lokale Ökonomie, Schule, Gesundheit, Beschäftigung und Qualifizierung, Public-Private-Partnership, Image und Soziale Infrastruktur durchgeführt. Die Realisierung dieser Ziele erfolgte im Anschluss an das Nordstadtprogramm durch die Projekte der EU-Gemeinschaftsinitiative URBAN II von 2000 bis 2008.
Seit 2009 erhielt die Nordstadt durch eine deutliche Steigerung im Zuzug von Menschen aus den EU-Osterweiterungsgebieten einen erheblichen Rückschlag in ihrer Entwicklung, begleitet von einer negativen medialen Berichterstattung. Von der durch die Weltwirtschaftskrise verursachten Arbeitslosigkeit war die Nordstadt doppelt so stark betroffen, wie der städtische Durchschnitt.
Aus diesem Gesamtzusammenhang hatte die Stadt Dortmund 2010 ein Konzept für die Nordstadt („Lebenswerte Nordstadt“) entwickelt, welches alle Aktivitäten der Kommune zu den unterschiedlichsten Bereichen zusammenfasste. Es sollte dazu dienen, durch eine strukturierte, integrierte Herangehensweise den aktuellen Problemlagen der Nordstadt zu begegnen, diese zu vermindern und einen Interessensausgleich in der Bewohnerschaft herzustellen. Das Konzeptergebnis beruhte auf der Beteiligung von Politik, Verwaltung, Polizei, Bewohnern und Akteuren im Stadtteil, die insbesondere in der Nordstadt intensiv vernetzt sind. Das Konzept beinhaltete weit mehr als 500 Beteiligungen von Personen, die sich gemeinsam für eine „Lebenswerte Nordstadt“ einsetzten. Ein Schwerpunkt dieses Konzeptes war die Umsetzung des Programms „Soziale Stadt NRW - Dortmund Nordstadt“.
Der Antrag „Integriertes Handlungskonzept Dortmund Nordstadt“ – Stabilisierung und Aufwertung städtischer Problemgebiete – wurde erstmalig in 2009 als Antrag und abschließend zum 31.08.2010 der Bezirksregierung Arnsberg eingereicht. Die einzelnen Teilmaßnahmen dieses Programms, das einen starken Fokus auf sozial flankierende Themen hatte, konnten ab Mai 2011 vorbereitet, im September 2011 gestartet und in 2015 abgeschlossen werden.
Durch die immer wiederkehrenden Herausforderungen, die neuen städtebaulichen Problemlagen aber auch positiven Entwicklungsperspektiven (Hafenentwicklung, Nordspange als Umgehungsstraße, Entwicklung der ehemaligen Westfalenhütte) wurde auf der Grundlage einer Evaluation der bisherigen Aktivitäten sowie einer SWOT-Analyse das Integrierte Handlungskonzept Dortmund Nordstadt fortgeschrieben und am 02.06.2016 vom Rat der Stadt Dortmund beschlossen. Das Konzept beinhaltet ein umfassendes Paket an Maßnahmen. Sie erstrecken sich auf die folgenden Programmschwerpunkte:
- Neue Urbanität und Image
- Lokale Ökonomie und Beschäftigung
- Soziale und Ethnische Integration
Das Amt für Stadterneuerung der Stadt Dortmund ist federführend bei der Umsetzung des Maßnahmenschwerpunktes „Neue Urbanität und Image“. Projekte mit den Schwerpunkten „Profilierung und Standortaufwertung“, „Verbesserung des öffentlichen Raumes, des Wohnumfeldes und der Erschließung“, „Vorbereitung und Begleitung“ sowie „Imageförderung/Stadtteilmanagement“ sollen zukünftig den Stadtteil prägen. Die Maßnahmenschwerpunkte „Lokale Ökonomie und Beschäftigung“ sowie „Soziale und ethnische Integration“ werden durch die zuständigen Fachbereiche bearbeitet. Sofern möglich werden alle Maßnahmen mit Arbeitsmarktmaßnahmen flankiert.
Die Umsetzung des Integrierten Handlungskonzeptes Dortmund Nordstadt erfolgt unter der Nutzung aller bestehender Kooperationsstrukturen, um ein fachübergreifendes Agieren intern und extern zu sichern und eine nachhaltige Aufwertung der Nordstadt zu gewährleisten.
Für eine soziale Stabilisierung werden vorhandene Strukturen gefestigt, der nachbarschaftliche Zusammenhalt gestärkt, die endogenen Potenziale der Wirtschaft und Gemeinschaft aktiviert und das Erscheinungsbild und die Stadtgestalt verbessert. Dies erfolgt vor allem über eine aktive Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner. In zahlreichen Foren wie z. B. Nachbarschaftskreisen, Eigentümerforen, Bewohnerforen oder nachbarschaftlichen Austauschen werden verschiedene Themenschwerpunkte behandelt. Beratungen und Erfahrungsaustausche erfolgen in Form von verschiedenen bereits existierenden Beteiligungs- und Kooperationsformaten wie z .B. das Netzwerk IdEE – Nordstadt zur Unterstützung von Privateigentümerinnen und -eigentümern. Zudem werden vor Ort Stadtteileinrichtungen und -gruppen wie z. B. kirchliche Träger, Kirchengemeinden, Schulen und Moscheen am Erneuerungsprozess beteiligt. Ebenfalls unabdingbar sind projektbezogene Beteiligungsveranstaltungen. Die städtebaulichen Projekte werden somit auf Grundlage der Vorschläge von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Institutionen, Trägern etc. umgesetzt. Eine aktive Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Einzelprojekte ist ein weiterer wichtiger Bestandteil, um stadtweit und regional Kontakte zu initiieren.
Darüber hinaus finden regelmäßig interne Verwaltungsabstimmungen und Abstimmungen mit der Politik statt. Die wesentlichen Akteure innerhalb der Stadtverwaltung kommen regelmäßig zusammen, um bereits laufende Aktivitäten aufeinander abzustimmen und ein gemeinsames Vorgehen sowie Perspektiven zu erarbeiten. Diese Akteure bilden zugleich die vom Rat der Stadt Dortmund beschlossene Projektgruppe „Verwaltungsrunde Nordstadt“. Die Geschäftsführung liegt im Sozialdezernat. Der Verwaltungsvorstand beschäftigt sich in regelmäßigen Abständen mit dem Sachstand zur Entwicklung der Nordstadt. Alle Beteiligten tragen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Verantwortung für das Gelingen der Gesamtstruktur.
Der Austausch zwischen Bezirksvertretung (Politik) und Verwaltung erfolgt im Rahmen des Runden Tisches Nordstadt. Die Funktion und Zusammensetzung wurde vom amtierenden Bezirksbürgermeister und der Verwaltung entwickelt und festgelegt. Der „Runde Tisch Nordstadt“ ist ein kleines, arbeitsfähiges Gremium, das vor allem die Zusammenarbeit zwischen der Bezirksvertretung und der Verwaltung organisiert und im Konsens Entscheidungen vorbereiten kann. Er tagt in der Regel viermal jährlich und soll in seinen Sitzungen Schwerpunktthemen bearbeiten, die mit den Beteiligten abgestimmt werden.
Ein äußerst wichtiger Bestandteil der Organisationsstruktur ist das investitionsbegleitende Quartiersmanagement (QM) in der Nordstadt, welches bereits zu Zeiten von URBAN II etabliert wurde (www.nordstadt-qm.de). Mit der Unterstützung der Quartiersmanagerinnen und Quartiersmanager können Bewohnerinnen und Bewohner zum Engagement für die Belange ihres Stadtbezirks motiviert werden.
Ziel ist es grundsätzlich für die umzusetzenden Konzepte eine Nachhaltigkeit zu entwickeln. Dies wird in der Regel projektscharf vorbereitet und kann in den meisten Fällen auch umgesetzt werden. Somit konnten viele Projekte, die durch URBAN II durchgeführt wurden, langfristig in eine Nachhaltigkeit überführt werden. Auf der Basis dieser Ergebnisse wurde in 2008 für die Stabilisierung der Ergebnisse des URBAN II-Prozesses ein weiterführender Antrag auf Förderung aus dem EU-Ziel 2 kofinanzierten Programm „Soziale Stadt“ gestellt.
Die im Rahmen des Programms Soziale Stadt Dortmund Nordstadt umgesetzten Projekte konnten alle in eine Nachhaltigkeit überführt werden. Die Projekte wurden bis Anfang 2015 wie beantragt durchgeführt und abgeschlossen (s. Hompepage der Stadt Dortmund).
Grundsätzlich sind diese Handlungsweisen nur dann zielführend, wenn die Akteure aus dem Stadtteil, aus Politik und Verwaltung das gemeinsame Ziel, den Stadtteil zu stabilisieren, fokussieren. Nur durch eine derart vertrauensvolle Zusammenarbeit kann erfolgreiches Handeln gelingen.
Stadt Dortmund
Amt für Stadterneuerung
Kampstraße 47
44137 Dortmund
Koordination: Uta Wittig-Flick
Tel.: +49 (0) 231 / 50 - 2 42 23
E-Mail: uwittig-flick@stadtdo.de
Quartiersmanagement Nordstadt
Mallinckrodtstr. 56
44145 Dortmund
Tel.: + 49 (0) 231 / 2 22 73 73
E-Mail: info@nordstadt-qm.de