Essen WEST (Altendorf, Bochold)
Das Essener Programmgebiet WEST besteht aus den beiden benachbarten Stadtteilen Altendorf und Bochold, welche mit insgesamt 572 ha im westlichen bzw. nordwestlichen Teil des Essener Stadtgebiets liegen.
In Zeiten des Bergbaus und der Montanindustrie herrschte insbesondere in Altendorf die Wohnfunktion für die Arbeitenden der Krupp-Werke bis ca. zum Jahr 1940 vor. Die Arbeitswelt hat sich seitdem gewandelt, aber auch heute sind viele Essenerinnen und Essener in den beiden Stadtteilen zuhause. Altendorf weist eine hohe Siedlungsdichte mit kompakter Wohnbebauung und am Rande liegenden Grün- und Gewerbeflächen auf. Auch der überwiegende Teil von Bochold dient der Wohnnutzung. So leben 40.847 Einwohnerinnen und Einwohner auf ca. 144 ha Wohnfläche (Stand: 31.12.2019). Neben der Wohnfunktion übernehmen die beiden Stadtteile schon länger wichtige Integrationsleistungen für die Stadt Essen. Dies hat sich im Zuge der Zuwanderung von Geflüchteten ab dem Jahr 2015 noch gesteigert. Daraus ergeben sich Herausforderungen, aber auch Potenziale z. B. aufgrund der kulturellen Diversität in den Stadtteilen.
Die vorhandenen Grünflachen, insbesondere der Niederfeldsee bieten wohnortnahe Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten. Durch die z. T. sehr enge Wohnbebauung bestehen jedoch nach wie vor Bereiche mit nicht ausreichender Durchgrünung und ökologischer Qualitäten, vor allem im Bereich der Verkehrswege. Die Altendorfer Straße, Bocholder Straße sowie die Helenen- und Haus-Berge-Straße sind verkehrliche Verbindungsachsen, welche die Erreichbarkeit der Innenstadt sowie angrenzender Stadtteile sicherstellen. Das hohe Verkehrsaufkommen auf den Hauptverkehrsstraßen sorgt andererseits für eine Luft- und Lärmproblematik.
Zwischen der City und Altendorf liegt der Krupp-Gürtel, der in den vergangenen Jahren eine enorme Aufwertung erfahren hat. Die Verlagerung des ThyssenKrupp-Hauptquartiers an den historischen Standort von Krupp, die Neuanlage des Krupp-Parks (Nord) mit dem Krupp-See sowie der weitere Ausbau des Krupp-Parks nach Süden und die Neuanlage des Berthold-Beitz-Boulevards mit Straßenbahnverlagerung haben erhebliche Entwicklungsimpulse auch für Altendorf erbracht. Die Entstehung des neuen Stadtviertels „Essen 51“ wird Altendorf und Bochold ebenfalls beeinflussen.
Der Förderbedarf für die Stadtteile Bochold und Altendorf leitet sich in erster Linie aus der gesamtstädtischen Analyse ab, welche im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (s. Abschnitt Potenziale und Handlungsansätze) erstellt wurde. Bei der Betrachtung der acht Schlüsselindikatoren offenbarte das Gebiet WEST Handlungsbedarf, insbesondere bezogen auf die sozio-ökonomischen Indikatoren, die sich etwa in der geringen Übergangsquote zum Gymnasium der hohen Arbeitslosigkeit oder der Abhängigkeit von Transferleistungen ausdrücken. Bei städtebaulichen Aspekten wie der Einwohnerdichte, dem Versiegelungsgrad und der Lärmbelastung belegten die Stadtteile ebenfalls hintere Plätze im Stadtteilvergleich.
Das Gebiet WEST zeichnet sich dadurch aus, dass in erheblichem Umfang soziale Missstände vorliegen, die benachteiligend wirken. Hier sind dringend Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung erforderlich. Da die Zusammensetzung und die wirtschaftliche Situation der dort lebenden Bevölkerung von den sonstigen Stadtteilen erheblich negativ abweicht, bedarf es einer aufeinander abgestimmten Bündelung von investiven und sonstigen Maßnahmen. Die Stadtteile Altendorf und Bochold sind hochverdichtete Gebiete, die darüber hinaus von der Überlagerung von Problemlagen geprägt sind.
Die Stadt Essen hat sich mit dem vom Rat in seiner Sitzung am 25.04.2018 beschlossenen Integrierten Stadtteilentwicklungskonzept für den EU-Projektaufruf „Starke Quartiere – starke Menschen“ (INSEK SQSM) beworben. Im Erlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBG NRW) vom 18.06.2018 und der Bezirksregierung Düsseldorf (BR) vom 28.06.2018 wurde die grundsätzliche Geeignetheit des Stadtteilentwicklungskonzepts zur Stabilisierung und nachhaltigen Aufwertung der Quartiere schriftlich erklärt. Zur Generierung von Städtebaufördermitteln aus dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ bedurfte es der Aufstellung von separaten „städtebaulichen Entwicklungskonzepten“ für die drei im INSEK beschriebenen Raumeinheiten WEST (Altendorf, Bochold), NORD (Altenessen-Süd, Nordviertel) und MITTE/OST (Stadtkern, Ostviertel, Südostviertel). Die Integrierten Entwicklungskonzepte (IEK) wurden am 26.09.2018 durch den Rat der Stadt Essen beschlossen. Seitdem können zugleich mit den Städtebaufördermitteln bei einigen Maßnahmen auch EFRE-Mittel mit dem höheren Fördersatz von 90% beantragt werden. Ohne dieses Konzept hätte der EFRE-Fördersatz 50% betragen.
Anknüpfungspunkte für die im IEK WEST dargestellten Ziele und Maßnahmen ergeben sich aus den in den vergangenen Jahren im Rahmen der Fördergebiete „Soziale Stadt Altendorf“ sowie „Stadtumbau / Soziale Stadt Bochold- Altendorf-Nord“ durchgeführten Projekten, wie z.B. der Aufwertung von Plätzen und der Öffnung und Verbindung der Grünanlagen. Im Zuge der Stadterneuerung ist insbesondere der Bau des Niederfeldsees mit dem Uferviertel hervorzuheben. Mit der Realisierung des Niederfeldsees wurde die Barrierewirkung des Bahndamms aufgebrochen und es konnte ein Übergang zwischen den beiden Stadtteilen Altendorf und Bochold hergestellt werden. Ziel ist es daher, mit weiteren Maßnahmen an den bereits umgesetzten städtebaulichen Veränderungen anzuknüpfen bzw. in den Bereichen für Aufwertungen zu sorgen, die bislang nicht berücksichtigt wurden.
Die Raumeinheit WEST wurde neu abgegrenzt - weitere Bereiche von Bochold sind nun auch Teil des Fördergebiets. Auch Altendorf-Süd wurde in das neue Fördergebiet wieder aufgenommen.
Die nachfolgend dargestellten gebiets- und stadtteilbezogenen Handlungsfelder und Entwicklungsziele stellen eine thematische Konkretisierung der übergeordneten Programmatik der Stadt Essen dar und verdeutlichen die jeweils entsprechend auf die Raumeinheit zugeschnittenen Ansatzpunkte einer nachhaltigen und integrierten Stadtteilentwicklung. Die Handlungsfelder und Ziele für die Raumeinheit WEST wurden auf Basis einer Analyse der Raumeinheit mitsamt der ermittelten Potenziale und Hemmnisse erstellt und bilden in ihrer Gesamtheit die Zielvorstellungen für die Zukunft des Fördergebietes WEST.
Die Handlungsfelder, Entwicklungsziele und Maßnahmen wurden zunächst im Integrierten Stadtteilentwicklungskonzept (INSEK) der Stadt Essen zum Projektaufruf „Starke Quartiere – starke Menschen“ dargestellt und im Erarbeitungsprozess mit einem großen Akteurskreis entsprechend der Handlungserfordernisse in den drei ausgewählten Raumeinheiten des INSEK gebündelt und priorisiert. Zur Kategorisierung aller dort aufgeführten Maßnahmen wurden die fünf Handlungsfelder Prävention, Zusammenleben im Stadtteil, Beschäftigung, Städtebau und Multifunktionalität sowie Umwelt und Klima sowie die Querschnittsthemen Netzwerke, Kooperationen, Engagement und Bürgerdialog gebildet. Im Mittelpunkt der gesamtstädtischen Strategie des INSEK steht das Thema Prävention. Somit ist Prävention der Ausgangspunkt aller Überlegungen hinsichtlich einer Entwicklungsstrategie für das Gebiet und im Hinblick auf die Ausgestaltung der Maßnahmen.
Es werden vorrangig die Handlungsfelder Städtebau und Multifunktionalität, Umwelt und Klima sowie die Querschnittsthemen Netzwerke, Kooperationen, Engagement und Bürgerdialog behandelt und mit einer Vielzahl an Maßnahmen ausgestaltet.
Folgende Entwicklungsziele sollen im Handlungsfeld Städtebau und Multifunktionalität erreicht werden:
- Im öffentlichen Raum zu Bewegung anregen und Schulhöfe, Turnhallen sowie Spielplätze für Bewegungsangebote in den Blick nehmen,
- Schaffung von Begegnungsorten: Stadtplätze aufwerten, Freiflachen entsprechend der Nutzungsansprüche qualifizieren,
- Schaffung von multifunktionalen Quartieren,
- Schaffung von leistungs- und zukunftsfähiger Infrastruktur.
Folgende Entwicklungsziele sollen im Handlungsfeld Umwelt und Klima erreicht werden:
- Ökologische Aufwertung und Biodiversität,
- Wasser in die Quartiere bringen und Entsiegelung vorantreiben: Retentionsflachen, Dachbegrünung, Versickerung,
- grüne Inseln schaffen - Wegeverbindungen und Trittsteine herstellen,
- Frischluftschneisen erhalten und weiterentwickeln,
- Innenentwicklung und Brachflächenrevitalisierung in den Fokus rücken,
- Nahmobilität stärken.
Folgende Entwicklungsziele sollten in den Querschnittsthemen Netzwerke, Kooperationen, Engagement und Bürgerdialog erreicht werden:
- Quartiermanagement als zentraler Dreh- und Angelpunkt des Umsetzungsprozesses,
- Bürgerinnen und Bürger sowie Akteurinnen und Akteure sind konsequent in den Stadt(teil)erneuerungsprozess einzubinden; Kommunikation und Vernetzung sind stetig auszubauen und zu fördern,
- Ehrenamt fördern und quartiersbezogene Ehrenamtsberatung forcieren,
- Projekte und Kooperationen an Regeleinrichtungen initiieren, um die Rolle von Schulen und Kitas im Stadtteil zu stärken.
Darüber hinaus wurden ebenfalls Maßnahmen für die Handlungsfelder Prävention, Zusammenleben im Stadtteil und Beschäftigung erarbeitet, die für die Stadtteilentwicklung eine ebenso große Bedeutung für die Stadtteile Altendorf und Bochold haben. Davon werden Maßnahmen aus Mitteln des ESF umgesetzt. Für andere Projekte müssen weitere Fördermittel akquiriert werden.
Die Steuerung des Stadtteilprojektes liegt beim Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement der Stadt Essen. Entsprechend des Integrierten Ansatzes werden weitere Fachämter wie Grün & Gruga, das Schulamt, das Jugendamt, das Amt für Straßen und Verkehr sowie das Umweltamt eingebunden. Im Rahmen der Lenkungsgruppe werden ebenfalls Bürgerinnen und Bürger, Bezirkspolitikerinnen und -politiker sowie örtliche Träger der freien Wohlfahrtshilfe eingebunden. Diese Lenkungsgruppe hat zudem die Aufgabe, über die Bewilligung von beantragten Mitteln aus dem Verfügungsfond zu entscheiden.
Für die Erarbeitung des INSEK fand in 2018 ein Workshop vor Ort mit zahlreichen Akteuren aus Kitas, Schulen, Vereinen, Bezirksvertretung und Fachämtern statt. Dort wurden aus den benannten Bedarfen erste Projektideen und -maßnahmen erarbeitet, die im weiteren Verlauf der Erstellung des Handlungskonzeptes konkretisiert wurden.
Ein wichtiger Baustein ist das Quartiermanagement, das im Laufe des Jahres die Arbeit aufnehmen soll.
Ricarda Fischer
Stadt Essen
Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement
treffpunkt Altendorf
Kopernikusstr. 8
45143 Essen
Tel.: +49 (0) 201 / 88 – 51 888
E-Mail: Ricarda.Fischer@amt68.essen.de
Stadtteilarbeit der Diakonie
Deniz Simsek Demirci
BlickPunkt 101
Haus-Berge-Str. 101
45356 Essen
Tel.: +49 (0) 201 / 2664 – 195380