Herne Horsthausen (von 1997 bis 2001)
Der Stadtteil Horsthausen liegt am nordöstlichen Stadtrand von Herne und zählte zum Programmstart rund 3.400 Einwohner. Er wird von der Autobahn A 42 im Süden, dem Rhein-Herne-Kanal im Norden, der Horsthauser Straße im Westen und einer Kleingartenanlage im Osten umgeben.
Der etwa 33 ha große Stadtteil entstand um die Jahrhundertwende als Bergarbeitersiedlung ('Feldherrenviertel') der Zeche Friedrich der Große. Seine stadträumlichen Qualitäten, vor allem die geschlossene Bauweise entlang platanenbestandener Straßen mit detailreichen Fassaden, litten in der Nachkriegszeit wesentlich durch die unsicheren Perspektiven von Bergbau und Stahlindustrie. Notwendige Instandhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen unterblieben, die Wohnbedingungen verschlechterten sich, das Image des Gebietes sank. Es setzte eine Fluktuation zu Gunsten ausländischer und einkommensschwacher Haushalte ein.
1994 beschloss der Rat der Stadt Herne ein Wohnumfeldprogramm für Horsthausen, das die Wechselverhältnisse zwischen baulichen und sozialen Problemen im Stadtteil berücksichtigte. 1997 wurde Horsthausen in das Landesprogramm Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf (heute Soziale Stadt NRW) aufgenommen. Eine vorbereitende Untersuchung aus dem Jahr 1991 attestierte dem Stadtteil ein enormes Entwicklungspotenzial. Dieses begründete sich sowohl in der ansprechenden Siedlungsstruktur und der Lage am Rhein-Herne-Kanal als auch in der aktiven Bewohnerschaft. Auch die Mitarbeit der örtlichen Grundschule mit ihrem Ansatz, sich dem Stadtteil gegenüber zu öffnen, soziale Gruppen zu integrieren und bei der Vernetzung mitzuwirken, war relevant.
Das 'Handlungskonzept für die Stadtteilerneuerung mit ganzheitlichem, sozialintegrativem Ansatz' von Mai 1997 benannte folgende Themenfelder:
- Aufbau einer Begegnungsstätte als zentrale Einrichtung im Stadtteil - mit Angeboten für Kinder, Jugendliche, Senioren, Arbeitslose und weitere Gruppen des Stadtteils. Sie wurde 1997 eröffnet und erlangte schnell entscheidende Integrationsfunktion. Wichtige Angebote waren Sprachkurse, Bewerbungstraining, Beratungsangebote zur Jugendberufshilfe und regelmäßige Bürger- und Arbeitslosenberatung. Feste Einrichtung waren auch die diversen Café-Angebote: Frauen-Café, türkische Teestube, Mädchen-, Senioren- und Spiele-Café.
- Einrichtung eines Stadtteilbüros als Anlauf- und Beratungsstelle für die Bürger und zur Steuerung der Arbeit im Quartier. Hier konnten z. B. Anträge für Zuschüsse zur Fassadenrenovierung abgegeben und Anregungen zu baulichen Maßnahmen gemacht werden. Selbst die Möglichkeit, Abfallsäcke für den grünen Punkt zu erhalten, brachte Bürger und Stadtteilteam in Kontakt. Ferner wurde Raum für temporäre Büronutzung geschaffen, der z.B. bei der Durchführung des INTEGRA-Projektes intensiv genutzt wurde.
- Spielplatzsanierung - Besonderer Wert wurde auf die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gelegt.
- Schulhofgestaltung
- Verkehrsberuhigung
- Gestaltung privater Haus- und Hofflächen
Weitere Projektbausteine waren der Aufbau eines Spielezentrums und Einsatz des Spielbusses, Auseinandersetzung mit der Stadtteilhistorie, Einrichtung von Sprachkursen für türkische Frauen, Arbeitslosenprojekte, interkulturelle Projekte sowie Stärkung des lokalen Handwerks und Handels. Die Projekte wurden im intensiven Dialog mit den Bewohnern des Quartiers und in Zusammenarbeit mit der Schule und anderen Einrichtungen im Quartier umgesetzt. Städtebauliche Maßnahmen wurden grundsätzlich mit örtlichen Beschäftigungs- und Qualifizierungsinitiativen verknüpft.
Das täglich geöffnete Stadtteilbüro war kontinuierlich mit dem Stadtteilkoordinator, dessen Mitarbeiterin und dem Vertreter eines externen Büros besetzt, der die intensive Bürgerbeteiligung konzipierte, durchführte und an den daraus resultierenden Planungsvorschlägen beteiligt war.
Eine Projektlenkungsgruppe (PLG) tagte in 1/2 jährlichem Turnus. Sie war mit den wichtigsten Akteuren der Stadtteilerneu- erung besetzt: Vertreter des Ausländer- beirats, freie Träger, Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft, Handwerk, Moscheeverein, Ortspolitik, Planungsamt und Schulen diskutierten und befürworteten alle stadtteilbezogenen Projektideen aus Bevölkerung und Verwaltung, bevor förmliche Beschlüsse gefasst wurden. Das Planungsamt war mit dem Stadtteilbüro und der PLG eng verzahnt und stellte die Verbindung zu den anderen Fachbereichen der Stadtverwaltung her.
Bürgerversammlungen wurden im Vorfeld zu konkreten Maßnahmeplanungen durchgeführt. Der Arbeitskreis Begegnungsstätte, dem die Träger der Begegnungsstätte (AWO, Falken) und das Stadtteilbüro angehörten, koordinierte das Programm der Begegnungsstätte. Außerhalb dieser Einrichtungen kam der aufsuchenden Bürgerbeteiligung große Bedeutung zu. Ein Team des beauftragten Büros positionierte sich in den Straßenabschnitten, die umgebaut werden sollten mit einem mobilen Planungsstand, dem "Bollerwagen". So konnten die Anregungen und Bedenken der Bürger direkt vor Ort anhand von Plänen und Erläuterungen aufgegriffen werden.
Nach dem Ausscheiden Horsthausens aus dem Landesprogramm Soziale Stadt NRW am 31.12.2001 wurden letzte bauliche Maßnahmen zu Ende geführt und das Stadtteilbüro aufgelöst.
Die Projektlenkungsgruppe, die alle Maßnahmen in Horsthausen vorbereitet und begleitet hatte, wurde auf eine neue Basis gestellt. Während im Projektzeitraum hauptsächlich Maßnahmen aus dem Handlungsprogramm beraten und zur Vorlagereife in der Bezirksvertretung gebracht wurden, liegt der Schwerpunkt der Projektgruppe jetzt auf dem eigenständigen Initiieren und Entwickeln von Maßnahmen und Projekten aus dem Stadtteil heraus. Die Leitung der Projektgruppe liegt zu gleichen Teilen bei der Begegnungsstätte, der Gesellschaft zur Förderung der Integrationsarbeit in Herne e.V. (GFI) und der Zionsgemeinde.
Die Begegnungsstätte ist heute ein zentraler Ort des sozialen Lebens in Horsthausen. Neben den Angeboten der Träger (AWO, Die Falken) nutzt eine Vielzahl von festen Gruppen in regelmäßigem Turnus die Begegnungsstätte. Dies wird pro Jahr um ca. 40 einmalige Veranstaltungen von Gruppen, Vereinen, Parteien und Privatpersonen ergänzt.
Die Stärkung und Vernetzung Horsthauser Gruppen und Vereine sind im Rahmen unterschiedlichster Aktivitäten in der Begegnungsstätte angestoßen und vertieft worden. Neben Familien- und Patientenbesuchen werden auch Feste und Veranstaltungen organisiert und durchgeführt. Das Projekt "Betreutes Wohnen" ist seit 2004 realisiert und wird gut genutzt, alle Einheiten sind belegt.
Seit der Fertigstellung des Gründerzentrums im November 2004 konnten die Büroeinheiten an Existenzgründer und an die GFI vermietet werden. Der für das Gründerzentrum etablierte Beirat begleitet konstruktiv und kritisch die inhaltliche Ausrichtung des Hauses. In dem Gremium können Empfehlungen zu geplanten Vorhaben ausgesprochen und Projektvorschläge, die den sozial-integrativen Ansatz der Stadtteilarbeit fortführen, entwickelt werden.